Abschied 2

ScanZeichnung Marie Hugo

Paris, wie üblich. Laut, die Straßen voller Autos. In dem Gewühl, Partho Ghosh und ich, wir kämpften uns mit dem Auto durch den Verkehr. In der Hoffnung den Weg zu unserer Verabredung zu finden. Wir waren verabredet. Hatten einen Termin. Vielmehr Partho hatte ihn, ich war seine Begleitung. Er war der Creative Director. Ich seine AD (Art Direktorin). So wie es auch in Realität damals gewesen. Mir war durchaus bewusst das Partho vor einigen Jahren unter dubiosen Umständen an einer Überdosis Tabletten und Alkohol gestorben, tot war und ich, in meinem Traum, mit einem Toten unterwegs.
In meinen Träumen, bin ich zurzeit viel mit den Verstorbenen unterwegs. Vor ein Paar Tagen, mit Russel Means einem leitenden Mitglied des American Indian Movement. Er war zusammen mit seinen Schwestern und Brüdern vom American Indian Movement Anfang der Siebziger Jahre Einer der Besetzer von Wounded Knee und führender Kopf des AIM im Oglala Reservat Pine Ridge in den USA. Die Besetzung der Kleinstadt Wounded Knee im Reservat dauerte 71 Tage. Wobei sich die kleine Gruppe von AIM Leuten, Frauen und Kinder der Lakotah, in einem heldenhaften Widerstand gegen FBI, Nationalgarde und zivilen weißen Kräften befand. Die Belagerung endete am 7. Mai 1974 die Natives ergaben sich der Übermacht des FBI und der Nationalgarde. Trotzdem veränderte dieses Ereignis für immer das Bewusstsein der indigenen Bevölkerung Amerikas.

10514529_1_lRussell Means by Andy Warhol

Andy Warhol hielt es für Wert ein Porträt von Russel Means anzufertigen. In den Neunzigern spielte Russel Means den Chingachkook in der Hollywood Verfilmung von James Fenimore Coopers Roman: "Der letzte Mohikaner".
In meinem Traum von vor zwei Tagen räumten wir eine Bank aus und mussten das am frühen Morgen machen damit Frau Merkel es nicht mitbekam. Der Traum hatte als Location New Mexiko wo Russel Means vor einem halben Jahr an seinem Krebsleiden verstorben.
Die Schlussszene war, das Russel und ich, beobachteten, wie Russels Sohn Tatanka Means ein Grab aushob, zusammen mit einem seiner Brüder. Und dort am Grab, auf der Erde sitzend, Ihre Beine ins Innere des Grabes baumeln ließen und dabei Karten spielten und fröhlich lachten.
Während Russel Means und ich diese Szene beobachteten meinte dieser zu mir: "das Sterben ist etwas alltägliches und gehört zum Leben. Es ist falsch den Toten eine Träne nach zu weinen".


partho-ghosh-foto.1024x1024Partho Ghosh

Zurück nach Paris und zurück zu Partho und meiner Traumgeschichte.
Letztlich fanden wir den Ort unserer Verabredung in irgendeinem der Pariser Vororte im Norden. Ein Studio, das eher wie eine Werkstatt wirkte. Mit Menschen die alle in ihren verschiedenen Beschäftigungen vertieft, mich mit einem Seitenblick, die Fremde, neugierig betrachtend. Während ich mich ebenfalls voller Neugierde umsah und die Atmosphäre in diesem Filmstudio in mich aufsaugte.
Ich habe die Atmosphäre von Film oder Fotostudios immer geliebt. Egal wo in der Welt ich sie betreten aber die in Paris waren mir immer die liebsten. Es ist die Atmosphäre von Improvisation und ein gewisses Laisser-faire welches die Studios auszeichnet. Sie passten auch gut zu meinem und Parthos Arbeitsstil. Obwohl dieser wohl eher in London zu Hause war.
Ich habe ihn dort, in London, während der Zeit als er dort mit der Enkelin von Victor Hugo lebte, mit Mori meiner inzwischen auch verstorbenen damaligen Lebenspartnerin besucht. Es war im Londoner Osten obwohl es mir sehr gefiel und ich ihn ausnahmsweise als wirklich glücklichen Menschen dort vor fand, war ich immer der Meinung, dass er besser zu Paris passte als zu London. Dies kann an meiner Abneigung die ich für London hege liegen. Aber auch daran, das ich irgendwie mich nicht gegen diese Empfindung wehren kann, das ein Inder in London immer ein Inder in London bleibt. Hat wohl etwas mit der besonderen Beziehung Indiens zu Großbritannien zu tun. Partho war oder ist ein Musterbeispiel dieser Hassliebe die indische Menschen mit England verbindet.
Letztlich war sein Leben geformt, geprägt, vom alltäglichen Rassismus. Dem selbst in Oxford und auf der Folkwang Schule ausgebildete Dunkelhäutige Menschen ausgesetzt. Ich hatte schon immer die Empfindung, dass das Leben immer viel Kraft von farbigen Menschen verlangt die Europa leben.
Frankreich ein stark von Kolonialismus wie auch England geprägtes Land, ist sich seines Rassismus weitgehend bewusst denke ich. Ebenso wie England. Es ist Deutschland wo der Rassismus rein unbewusst ist und verdrängt. Unvergessen ist mir die Bemerkung Paul Gredingers dem Chef eines der "G"s von GGK: "Ich wollte ja schon immer einen Inder als Texter haben:"
Mein Glaube das Partho in Frankreich mehr zu Hause als in London oder Düsseldorf, beruht darauf das die "Beautiful People" der Werbe und Modeszene dort, eher traditionell ein tänzerischen Ausdruck hat. Im Gegensatz zu Deutschland oder Großbritannien. Und Parthos Leben war Tanz, seit den Tagen auf der Folkwang Schule in Essen. Aber je länger es dauerte, das Leben, wurde es immer mehr ein Tanz auf dem Vulkan.
Im Traum verlor ich dann Partho aus den Augen während ich mich im Studio rumtrieb und mich mit den Leuten im Studio unterhielt. Nach einer Weile, Verlies ich das Studio und bewegte mich nach draußen vor die Tür und lehnte mich dort an den Eingang des Studios.
Mit meinen dreiundsiebzig Jahren, stamme ich aus einer Zeit, die es nicht mehr gibt. Bob Dylan und die Rolling Stones, sind Gespenster einer Zeit die allmählich für die jetzigen so was ist, wie für mich die dreißiger oder Willy Fritsch und Lillian Harvey. So auch Partho und meine Agentur Jahre. Die GGK ist ein Mythos eigentlich nur noch für die noch Leben und tatsächlich noch wissen was es bedeutete eine Doppelseite im Stern gestaltet zu haben und dafür noch eine Goldmedaille im Art Directors Club zu bekommen. Wir liebten das gute Leben was uns die Werbung bot, genossen die tollen Restaurants und das heute in Paris, morgen New York, London oder Tokyo zu sein. Es gab mal bei Troost Campbell Ewald in Düsseldorf einen Account Executive, Kundenberater, der sagte wir wären alle im Show Business. Er hatte recht. Und Partho war ein Star in diesem Show Business.
So stand ich also in diesem Traum draußen vor dem Studio lehnte an der Mauer, als ich bemerkte wie die vorbei flanierenden Männer mich beobachteten, ich dachte, ich stehe hier wie eine Nutte. "Waitin for the man" wie der inzwischen ja auch verstorbene Lou Reed in den Siebzigern sang.
Partho ist auch Tod und draußen ist es kalt.